InsO § 15 Antragsrecht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit

Aus Insopedia
Wechseln zu: Navigation, Suche

InsO § 15 Antragsrecht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit

(1)
Zum Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist außer den Gläubigern jedes Mitglied des Vertretungsorgans, bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien jeder persönlich haftende Gesellschafter, sowie jeder Abwickler berechtigt. Bei einer juristischen Person ist im Fall der Führungslosigkeit auch jeder Gesellschafter, bei einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft zudem auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt.
(2)
Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern, allen Gesellschaftern der juristischen Person, allen Mitgliedern des Aufsichtsrats oder allen Abwicklern gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. Zusätzlich ist bei Antragstellung durch Gesellschafter einer juristischen Person oder Mitglieder des Aufsichtsrats auch die Führungslosigkeit glaubhaft zu machen. Das Insolvenzgericht hat die übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans, persönlich haftenden Gesellschafter, Gesellschafter der juristischen Person, Mitglieder des Aufsichtsrats oder Abwickler zu hören.
(3)
Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend für die organschaftlichen Vertreter und die Abwickler der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter. Entsprechendes gilt, wenn sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

Kommentare

An dieser Stelle können registrierte Anwender zusätzliche Informationen eingeben.

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob bei einer juristischen Person der von einem ehemaligen Geschäftsführer gestellte Eigenantrag nach dessen Absetzung von seinem Nachfolger wirksam zurückgenommen werden kann.

Die herrschende Auffassung tendiert dazu, daß ein zulässiger Insolvenzantrag, der von einem mittlerweile ausgeschiedenen Geschäftsführer gestellt wurde, nach dessen Ausscheiden nicht mehr wirksam zurückgenommen werden könne: Dem ehemaligen Geschäftsführer fehle hierzu die Vertretungsmacht, sein Nachfolger als andere Person könne dessen Antrag nicht mehr zurücknehmen (vgl. MünchKommInsO-Schmahl, 1. Aufl., § 15, Rz. 58 mit Hinweis auf LG Duisburg, Beschluß vom 22.11.1994 (unveröffentlicht) 4 T 250/94, LG Dortmund NJW-RR 1986, 258, LG Hamburg, Beschluß vom 20.06.1995, 326 T 54/95, AG Duisburg, ZIP 1995, 582, Kübler/Prütting-Pape, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 13, Rz. 122, m.w.N.). Dies gelte selbst dann, wenn als Eröffnungsgrund nur die drohende Zahlungsunfähigkeit angegeben sei (vgl. MünchKommInsO-Schmahl a.a.O.).

Nach der Gegenauffassung verletzt eine solche Versagung einer Antragsrücknahmemöglichkeit durch den Nachfolgegeschäftsführer das Antragsprinzip (HK-InsO-Kirchhof, 3. Aufl. § 13, Rz. 15). Die Gläubiger seien nach dieser Auffassung bereits dadurch geschützt, daß eine Antragsrücknahme bei bestehender Antragspflicht strafrechtlich sanktioniert sei und das den Antrag zurücknehmende Organ gegebenenfalls eine Eigenhaftung träfe.

Die Streitfrage ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Es gibt lediglich einen in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluß des Bundesgerichtshofes, mit welchem die Sicherungsmaßnahmen des Insolvenzgerichts einstweilen (bis zur Hauptsacheentscheidung über die Rechtsbeschwerde) ausgesetzt wurden, nachdem die Schuldnerin im Rahmen ihrer Rechtsbeschwerde gegen die Sicherungsmaßnahmen eingewandt hatte, der von ihrem ehemaligen Geschäftsführer gestellte Eigenantrag sei mittlerweile wirksam zurückgenommen worden. Der BGH führt insoweit aus, daß die auf diese Argumentation gestützte Rechtsbeschwerde nicht von vornherein unbegründet sei (vgl. BGH, Beschluss vom 04.10.2007, IX ZB 122/07).

Aus dieser Aussage, die im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens getroffen wurde, läßt sich die endgültige Auffassung des BGH zur Antragsrücknahme durch einen Nachfolgegeschäftsführer allerdings nicht ableiten, zumal die Sicherungsmaßnahmen des Insolvenzgerichts bereits durch das Beschwerdegericht suspendiert worden waren.

Nach Auffassung des Verfassers verdient die herrschende Meinung in der Literatur und Rechtsprechung den Vorzug. Die Rücknahmemöglichkeit für einen Nachfolgegeschäftsführer nach der Absetzung des den Antrag stellenden ehemaligen Geschäftsführers durch die Anteilseigner würde einem Mißbrauch Tür und Tor öffnen. Die Anteilseigner könnten sich durch einen Austausch des ihnen nicht genehmen organschaftlichen Vertreters über die Insolvenzantragspflichten hinwegsetzen und durch Einsetzung eines von ihnen gesteuerten "Strohgeschäftsführers" die Gesellschaftsgläubiger schädigen. Der Verweis auf eine strafrechtliche und zivilrechtliche Haftung des neuen Geschäftsführers wäre für die Gläubiger kein vollwertiges Korrektiv, da gar nicht abzusehen ist, inwieweit beim neuen Geschäftsführer eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gegeben ist. Man denke nur an die Inanspruchnahme eines professionellen Firmenbestatters, der, wie üblich, einen mittellosen Geschäftsführer einsetzt, der "nichts mehr zu verlieren" hat. Hier würden sich die Regreßmöglichkeiten der Gläubiger wegen der Verringerung der Insolvenzmasse im Stadium der Insolvenzreife auf Null reduzieren.

Zwar beraubt die herrschende Meinung die Schuldnerin bei Abwahl des antragstellenden Geschäftsführers ihrer Handlungsfähigkeit in Bezug auf die Antragsrücknahme. Sollte jedoch ein Fall einer rechtsmißbräuchlichen Insolvenzantragstellung durch den Altgeschäftsführer vorliegen, könnte sich die Schuldnerin immer noch auf das materiell-rechtliche Nichtvorliegen eines Eröffnungsgrundes berufen. Insofern ist die Einschränkung der Antragsrücknahmemöglichkeiten im Gläubigerinteresse hinzunehmen.

Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Durch die weitere Nutzung dieser Website stimmen Sie der Verwendung der Cookies zu.

Verstanden & Einverstanden